Samstag, 13. Oktober 2012

Wieviel leichter wäre es, heilig zu werden, wenn man die Heiligkeit so auffasste (6 von 7)

Noch viel leichter fällt der passive Teil der Heiligkeit. Er erschöpft sich nämlich darin, dass man einfach hinnimmt, was sich meistens doch nicht vermeiden lässt, und dass liebend erduldet wird — mit freudiger Zuversicht und Gelassenheit nämlich —, was wir sonst nur allzu oft widerwillig ertragen.

Nochmals, darin erschöpft sich die Heiligkeit. Darin besteht das Senfkorn, dessen Früchte wir deshalb nicht ernten, weil wir es ob seiner Kleinheit übersehen. Das ist die Drachme des Evangeliums, die Kostbarkeit, die wir nicht finden, weil wir sie zu entfernt glauben, um ernstlich danach zu suchen. Fragt mich nicht nach dem Geheimnis, diese Kostbarkeit zu heben. Es handelt sich um gar kein Geheimnis. Diese Kostbarkeit ist überall; allezeit und allerorten liegt sie vor uns offen. Die uns wohlwollenden und die uns übelwollenden Geschöpfe verschwenden sie mit vollen Händen. Sie lassen sie über all unsere körperlichen und seelischen Fähigkeiten bis mitten in unser Herz rieseln. Öffnen wir unsern Mund und er wird davon erfüllt sein. Das göttliche Wirken überflutet ja das Weltall; es durchdringt alle Geschöpfe; es hüllt sie ein; überall, wo sie sind, da ist es auch. Es geht ihnen voraus; es begleitet sie; es folgt ihnen nach. Wir brauchen uns nur von seinen Wogen forttragen zu lassen.

(Jean-Pierre de Caussade, Hingabe an Gottes Vorsehung, 1.Buch: Die Tugend der Hingabe, 1.Kapitel, 3)
Der Jesuit Jean Pierre de Caussade lebte vom 7.3.1675-8. 12.1751.
Nach ihm besteht die ganze Vollkommenheit eines Menschen zuerst darin, sich selber in jedem Augenblick rückhaltlos Gottes Willen und Gnadenführung hinzugeben und stets zu handeln in vollkommener Übereinstimmung mit Gottes Willen.

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