Mittwoch, 25. April 2012

"Wenn ich nicht verstehe, dann bete ich nicht"

Woher kommt dieses Wort, das während des Konzils und danach besonders von Priestern verbreitet wurde? Offensichtlich verstand man darunter: Wir haben einen Leitsatz für die bestmögliche Argumentation zur Abschaffung des Latein in der katholischen Kirche. 
~~~

"Im Herbst 1972 sprach Paul VI. zu den Teilnehmern einer Mittwochaudienz von der Notwendigkeit, den Glauben zu mehren. Er zitierte dabei den Galaterbrief des Apostels Paulus. Die einschlägige Stelle hatte bis vor wenigen Jahren ihren Platz in der Lesung des dreizehnten Sonntags nach Pfingsten. Unvermittelt legte der Papst den vorbereiteten Text beiseite, erinnerte - gegen seine Gewohnheit in freier Rede - mit Wehmut an das abgeschaffte Meßformular und pries dessen Schönheit und Tiefsinn - "vor der jüngst erfolgten Reform der Liturgie". Das Wort versetzte die Propagatoren kultischer Neugestalt in helle Aufregung. Paul VI. hatte - nach wiederholten Mahnungen, dem römischen Ritus seinen Rang zu lassen - einmal mehr eingestanden, wie sehr er sich persönlich der "alten" Liturgie noch verbunden fühlte. Das war gleichbedeutend mit einer subjektiven Distanzierung von der neuen Kultform, die er selber anfänglich mit soviel Elan promoviert hatte. Niemals zuvor gab ein Papst in vergleichbarer Offenheit zu, eine von ihm getroffene Entscheidung nachträglich nicht mehr mit voller Autorität zu decken. 

Als Athenagoras und Paul VI. einander zum letzten Mal begegneten, kam die Rede, wie schon öfter vorher, auf den Kult. Augenzeugen berichten, der Patriarch habe sich am Höhepunkt des Gespräches zu voller Größe aufgerichtet - ein baumstarker Riese gegenüber dem zierlichen Papst - und mit lauter Stimme gesagt: "Mein Bruder, ich beschwöre Sie, rühren Sie die Liturgie nicht an." Paul VI. zeigte sich beeindruckt, aber nicht bekehrt

Die Hinwendung des Ritus auf den heutigen Menschen, manifestiert durch schlichte Form und intellektuelle Verständlichkeit, bildete einen wichtigen Teil des Programms, mit dem der Papst am Beginn seines Pontifikats der Welt darlegen wollte, auf welch vielförmige Weise die bislang so starre Kirche durch das Konzil für Zeitumstände und Zukunft anpassungsfähig geworden war. So mußte des Patriarchen sorgenvolle Bitte wie eine Antithese zu dem Grundsatz klingen, den der langjährige Präsident der päpstlichen Liturgiekommission, Kardinal Lercaro, in die dürren Worte gekleidet hatte: "Wenn ich nicht verstehe, dann bete ich nicht.""


zitiert aus: Vatican Magazin 4/2012
Reinhard Raffalt. Wohin steuert der Vatikan?



DER VERFALL  DER RÖMISCHEN TRADITION
 

Labels: , ,

1 Kommentare:

Am/um 14. Mai 2012 um 15:56 , Anonymous Templarii meinte...

Wenn ich nicht verstehe, dann bete ich darum das mir geholfen wird das ich vestehe warum ich nicht verstehe und was ich tun kann, oder ob ich was tun muss damit ich verstehen kann.

Templarii

 

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite